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Was ist ein TOMAK?
Diese Frage versuche ich seit fast 50 Jahren zu beantworten aber, das gelingt mir auch hoffentlich nie. Ich schreibe seit 12 Jahren an meiner Autobiografie, also die Autobiografie vom TOMAK. Meine wäre schnell erzählt, aber dem TOMAK sein Leben ist unglaublich spannend. Was man so hört, was man so über mich erzählt, was ich für ein Leben haben muss, muss grandios sein. Was ich für Verhältnisse hatte, was ich für Drogenpartys geschmissen habe, was ich für Aktionen geliefert habe. Ich war nie dabei, ich gehe auch nirgends hin.
Aber TOMAK war immer da.
Der TOMAK hat wieder das gemacht und dort hat er wieder was angezündet und und und. Also der führt ein Leben, Rockstar ist untertrieben. Und daran schreibe ich. Das nähre ich auch mit irgendwelchen Geschichten. Geschichte ist so ein Stichwort: Geschichte ist etwas was vorbei ist. Geschichte ist etwas was erzählt wird und wenn du hier deine Geschichte kurz anerzählt hast, wenn es nicht stimmt, ist sie genauso gut, wie wenn sie stimmt. Sie ist da, sie ist jetzt da, weil du sie erzählt hast und das muss man schon wissen. Denn wo steht Geschichte? Es gibt Bücher, es gibt Filme, die letzten hundert Jahre sind auch filmisch dokumentiert. Deswegen hat es auch Kriegsmaler gegeben oder Schlachtenmaler oder eben auch Kriegsschreiber und und und. Jeder große Heerführer hat sich in einer Art mythischen Legende verewigt, Julius Cäsar oder auch dieser Jesus Christus, der einer der größten mythischen Figuren ist, bis heute und der strahlt. Lenin genauso und Hitler auch. Dürfen wir auch nicht ausblenden, weil ich habe 350 Fernsehsender und wenn ich da durchsehe, irgendwo ist der Hitler immer dabei, also der lebt irgendwie weiter und da gibt's schon Sendungen.
Kein Abend ohne Hitler.
Hitlers Kochbuch, Hitlers Hund und was weiß ich. Führer Hauptquartier, wie bei „Schtonk!“, einer der lustigsten deutschen Filme überhaupt, da geht es um die gefälschten Tagebücher. Das passt jetzt auch zum Thema, gefälschte Tagebücher, das passt glaub ich sogar dazu. Die hat irgendein Kunstfälscher geschrieben hat und dem ist dann das A ausgegangen, weil da vorne waren Initialen draufgeklebt, auf diesen gefälschten Büchern. Also AH - Adolf Hitler. Und dann hat er ein F draufgeklebt. Und im Film ist das so wunderbar gemacht, da sitzen sie dann in der Redaktion vom „Stern“, glaub ich, und rätseln „FH? Führers Hund, Führer Hitler, Führer Hauptquartier?“ Also, man legt sich da, was man will, was man glauben will, legt man sich es zurecht.
Das ist eine wichtige Erkenntnis, denn offensichtlich ist für Menschen die Herkunft eines anderen Menschen unglaublich wichtig. Für mich zum Beispiel gar nicht. Ob du jetzt aus Zimbabwe kommst oder, ich weiß es nicht woher, interessiert mich eigentlich nicht, weil ich dich nicht zuordnen möchte. Ich möchte dich zuordnen, so wie ich dich kennenlerne. Aber ich glaube der Großteil der Menschen ist so interessiert, wo bist du geboren, wo bist du in die Schule gegangen. Warum fällt es einem da teilweise auch schwer, auch mir, dann einfach die Wahrheit zu sagen? Weil sie langweilig ist. Ganz einfach, weil sie langweilig ist. Wenn ich jemanden treffe, ich mir das wurscht, wo der in die Schule gegangen ist oder wo der herkommt.
Muss man gar nicht mehr reden.
Ja genau. Da ist die Frage, wo kommt es eigentlich her, dass die Menschen so interessiert sind. Der Kanzler Schröder, Hannoveraner. Das ist wichtig. Wieso ist das wichtig? Offensichtlich war es wichtig, weil er da die ganzen Wirtschafts-Seilschaften hatte in Hannover. Die Herkunft zeigt auch, möglicherweise ist das deswegen interessant, weil die Herkunft zeigt oder nicht zeigt, oder zeigen könnte, wie Menschen funktionieren. Könnte sein.
Ein bisschen ist es schon so, glaube ich.
Also wenn man mich so vordergründig wahrnimmt, so Posterboy mäßig, und dann sieht man Arbeiten von mir, die eigentlich sehr zierlich, klein und leicht sind und sehr feinsinnig, das ist gut, das erzeugt Spannung. Ich habe bei Gott keinen Drang hier irgendwo etwas Männliches zu machen. Das ist peinlich. Ich finde es, wenn es umgekehrt ist auch peinlich. Nur Feminismus ist auch langweilig auf Dauer. Da macht man sich auch das Leben schwer, weil man sich selbst eingrenzt, meiner Meinung nach. Ich meine das nicht nur bei Feminismus, ist egal welches Anliegen man hat. Man kann jetzt gegen Politiker sein oder gegen den Staat oder gegen den Trump oder für Homosexuelle oder für was weiß ich was, oder für den Kommunismus gegen den Kommunismus, für Kapitalismus was immer, das macht den Künstler eigentlich schwach, weil es in der Kunst eigentlich nicht um das geht, es geht nie um das Anliegen, es geht darum, wie ist es gemacht, ganz einfach.
Das Thema ist immer die kleine, schicke Nebensache. Wir beurteilen einen guten Künstler nicht dran, dass er sich an einem großen Thema abgerackert hat und da vielleicht auch sogar gescheitert ist. Das Thema ist die Struktur und wie er es umsetzen, sei es ein Schriftsteller, ein Komponist, ein Maler, oder ein Landschaftsgärtner, ich weiß es nicht, die haben ja auch irgendwie Visionen, und wer Visionen hat gehört ins Irrenhaus, aber das Thema ist die feine Nebensache. In der Malerei ist es ganz einfach, wie malt der Van Gogh einen Blumenstrauß, wie malt ein Gerhard Richter einen Blumenstrauß und wie malte der Picasso einen Blumenstrauß, oder wie der Matisse oder wie macht der Jeff Koons einen Blumenstrauß? Das ist das Einzige, um was es geht. Wie schreibt ein Shakespeare ein politisches Drama und wie schreibt Thomas Bernhard ein politisches Drama? Was der Inhalt des politischen Dramas ist, das sei dahingestellt, wir reden vom Stil, wir reden von: das Wagnis ist nie der Inhalt. Das Wagnis ist, wie ist es gemacht.
Und wenn, das auch noch gut ist und der Inhalt dann auch noch möglicherweise in einer Form transportiert wird, die eben möglicherweise neu ist, dann könnte man fast den Anspruch auf Kunst erheben, wenn es noch so gut ist. Wer beurteilt was gut ist? Die Experten. Und wer sind die Experten? So muss das gehen. Die Experten sind die, die die man überzeugen muss, wenn man etwas Neues gemacht hat, so wie ich jetzt. Wir sitzen hier inmitten meiner neuen Bilderserie. Dann werden Kurator eingeladen, Direktorin eingeladen, auch Philosophen, auch Kollegen, die das dann mal vor-verurteilen oder beurteilen. Und das man sagt, wie legt man das an, wie präsentiert man das, womit kombiniert man das vielleicht. Bevor man sich ausstellt sozusagen, lässt man einmal eine große Kritikerschaft durchlaufen. Ganz einfach, um sich zu wappnen, denn ein Kunstwerk muss halten.
Darf ich da kurz mal einhaken? Ich glaube ein Punkt, der voll wichtig ist bei mir, weil ich such die Leute, mit denen ich mich unterhalte, nicht nach einem Konzept aus oder so, sondern ich habe einfach so das Gefühl, mit der Person muss ich mich mal unterhalten. Bei dir hatte ich das Gefühl. Wir haben uns eigentlich schon von langer Zeit mal kurz drüber unterhalten, wir haben uns irgendwann auf einer Ausstellung gesehen, das ist schon ewig her. Das war bevor ich nach Italien gezogen bin.
Ah Italien Wasser.
Ja, ich habe ich habe ein Jahr in Venedig gewohnt.
Auf einem Boot oder was?
Nein, in Castello. In einer Studenten-WG.
Da sitzen sich zwei sehr dekadente Personen gegenüber. Na gut, im Castello habe ich gewohnt. Da fühlst du dich ganz wohl bei mir, da jetzt im Westflügel.
Absolut! Pass auf, wir haben uns auf einer Ausstellung getroffen und da warst du da. Da habe ich zu einer Freundin gesagt: pass auf, da ist der Robbie Williams von Wien.
Wirklich? Das hast du gesagt? War ich da dabei?
Ich glaube, ein Hauptgrund, der unbewusst bei mir immer so mitschwingt ist, was mir total wichtig ist, sind einfach sinnliche Menschen.
Na da bist du bei mir falsch.
Überhaupt nicht! Die feinen Bilder und so. Das scheint sich irgendwie durchzuziehen, habe ich immer das Gefühl, auf ganz unterschiedliche Art und Weise.
Ich glaube, dass jeder Mensch auf irgendeine Weise natürlich sensibel ist. Aber natürlich haben viele nicht gelernt, es überhaupt zu erkennen oder das zu zulassen. Weil das diese funktionierende, funktionale Welt da draußen nicht zulässt. Weil man wirkt gleich als nicht funktional und nicht passend, wenn man vielleicht übersensibel reagiert.
Sinnlich meine ich.
Aber sinnlich hat mit sensibel zu tun, meine Meinung nach. Sinnlichkeit hat mit Sensibilität zu tun. Denn wenn du deine Sinne nicht sensibilisiert hast, dann kann keine Sinnlichkeit entstehen.
Sprache ist mein Thema. Wenn einer Sinnlichkeit sagt: wo kommt das Wort her? Das hat mit Sinnen zu tun, also wir haben nur unsere Sinne. Diese Sinne benutzt die Wissenschaft zum Beispiel. Das muss einem klar sein. Die Wissenschaft kann nur von unseren Sinnen aus rechnen, sehen, hören und schmecken und tasten. Irgendwas gibt es noch glaub ich.
Fühlen und riechen.
Riechen! Gut, das sind unsere Sinne. Die Wissenschaft kann Licht berechnen oder will Licht berechnen, kann hören, kann ins Weltall hören, kann ins Weltall schauen, aber mehr kann sie nicht. Jetzt gibt's die unterschiedlichen Strahlungssachen, die man messen kann. Da hat sich die Wissenschaft auch entwickelt, aber immer noch basierend auf unseren Sinnen. Aber uns fehlt möglicherweise, das hat der Nitsche glaube ich gesagt, uns fehlt zumindest ein Sinn. Diesen Sinn, den wir nicht haben, den wir aber Begehren oder vielleicht doch haben und wir können ihn nicht messen oder erkennen. Dieser Sinn gebiert Gott, oder dieser Sinn gebiert Kunst. Weil irgendwas scheint zu fehlen. Diese Lücke in unseren sinnlichen Wahrnehmungen füllt im Bestfall die Kunst. Weil die Kunst, sie wird geschaut oder gehört oder wie auch immer, aber sie schließt im Bestfall eine Lücke.
Das ist eigentlich die Aufgabe der Kunst. Weil Kunst hat mit Wahrnehmung zu tun und unsere Wahrnehmung wird immer erweitert durch Kunst, vor allem durch Kunst. Unser Geschmack wird verändert durch Kunst. Wenn Picasso 1753 irgendein abstraktes Ding hingeknallt hätte, hätte keiner das als geschmackvoll oder als schön empfunden. Aber heute empfinde ich es, zum Beispiel als unglaublich schön. Das heißt, das kann Kunst. Das holt uns wo ab, weil es in uns etwas verändert. Weil wir uns unserer Wahrnehmung bewusst werden und dann denken wir nach, warum gefällt uns etwas nicht. Sagen wir, vor 30 Jahren noch hat mir der und der Künstler nicht gefallen oder der Komponist nicht gefallen und heute höre ich nur mehr das, schaue nur mehr das. Das heißt, Kunst verändert die Wahrnehmung und das ist eigentlich großartig und das ist die höchste Aufgabe der Kunst. So sprich der Robbie Williams von Wien.
Darf ich dich noch mal fragen, weil mich würde das voll interessieren, wie du so gestartet bist. Also wie bist du zur Kunst gekommen?
Wie hat die Kunst begonnen oder wie bin ich zum Kunst gekommen, ist eine Frage, die in der letzten Zeit immer wieder aufkommt.
Das interessiert die Leute immer oder?
Ja, aber jetzt mehr als früher. Vielleicht habe ich es früher auch nicht zugelassen, kann auch sein. Der TOMAK hat sich ein wenig hermetisiert. Das ist auch ein Teil eines Plans gewesen. Der TOMAK musste mal auftauchen, aber der TOMAK ist noch nicht aufgetaucht, ist schon plötzlich aufgetaucht, aber davor war der kleine Tommy. Der kleine Robbie Williams. Mit dem bin ich in die Schule gegangen und in Mathematik war er schlecht, aber in Englisch war er gut. Der keine Tommy hat einen Vater gehabt und hat einen Großvater gehabt der Hobbymaler war. Recht interessante Bilder gemacht hat. Man würde vielleicht naiv sagen, aber gut naiv. Der Vater hat das übernommen, war hochtalentiert von der Technik her. Und mein Vater hat mir sehr früh, sehr frühkindlich, die ganze Welt eigentlich schmackhaft gemacht, das heißt Musik, auch Sport aber auch Malerei, Literatur, Film natürlich und ich bin eigentlich mit klassischer Musik und lässiger Jazz Musik aufgewachsen. Das kommt mir auch immer mehr in den Sinn, dass er dafür verantwortlich ist, dass ich sehr neugierig in die Welt gegangen bin.
Wann er was gemalt oder gezeichnet hat, dann habe ich auch was gemalt. Ich rede da von 6-7 Jahren also ich rede ganz klein. Ich habe, glaube ich, irgendwann gar nicht wie ein Kind gezeichnet, sondern habe das gleich mal übernommen. Er hat mir auch die Naturwissenschaften sehr nähergebracht. Das ist sehr wichtig für meine Arbeit bis heute. Ich bin auch in ein naturwissenschaftliches Gymnasium gegangen, das hat mir sehr gut getan mit Physik Schularbeiten, Biologie Schularbeiten. Biologie war eigentlich das Hauptfach mit Physik. Die Physik Schularbeiten war wesentlich schwieriger als die Mathematik Schularbeit. Das war gut für mich damals. Schon schwer, das gebe ich auch zu, weil man hat ein Leben auch noch gehabt, aber ich bin durchgekommen. Das hat mich aber geprägt und interessiert mich bis heute. Auch wie sich der Blick auf die Natur, wie sich die Naturwissenschaften verändert haben, einfaches Beispiel, von der Kreisbewegung der Planeten bis zu Kepler, der hat das elliptisch gemacht und dann Newton und dann der Einstein und so weiter. Das interessiert mich bis heute. Ich lese Bücher darüber und auch, wie es dem Kepler ergangen ist zum Beispiel.
Geschichte der Naturwissenschaften.
Wie er gelebt hat. Was der alles erlebt hat, das würdest du gar nicht glauben, so im Dreißigjährigen Krieg, was du über den Dreißigjährige Krieg liest. Ich lese immer quer, das sind so Schlüsselereignisse eigentlich, was das bewirkt mit Österreich mit Deutschland und Europa, dann die Aufteilung protestantisch und katholisch, die bis heute nachwirkt, kulturell nachwirkt, auch in der Kunst übrigens nachwirkt. Es verschwimmt immer mehr durch die Internationalität und die Vernetzung heute. Aber das ist schon eine Sichtbarkeit, denken wir an Bach und so weiter. Das alles spielt in meine Kunst hinein.
Ich war sehr talentiert, ich war wirklich talentiert. Ich habe es einfach, ich weiß nicht warum. Irgendein Sternenstaub hat sich zusammen gefunden in mir und hat mich mit einem Talent gesegnet, wenn ich etwas sehe, das bildhaft umsetzen zu können. Und ich habe dann sehr früh irgendwelche Wettbewerbe gewonnen. Eigentlich über die Schule, aber das ist dann international geworden. Bin dann in Fernsehsendern herumgereicht worden, so mit 13-14 Jahren.
Wirklich? Als Tommy noch?
Der Tommy, ein Sunnyboy eigentlich, der dann sehr sportlich war auch, und aber eigentlich wusste er immer schon, dass sein Weg wahrscheinlich in die Kunst gehen sollte. Habe mich schon als Maler und bildender Künstler eigentlich gesehen sehr früh. Aber im Sport war ich auch nicht schlecht, hat mir sehr gut getan der Sport, weil da du lernst du mit einer Gruppe etwas zu machen.
Hast du Fußball gespielt?
In einer Gruppe auch sich durchzusetzen. Ich war der Kapitän, natürlich. Ganz einfach, weil ich die größte Goschn gehabt hab und das lauteste Organ, damit mich der Stürmer, ich war der Libero, auch vorne hört, wenn ich sag „Deppata“ und auch der Schiedsrichter zum Beispiel. Da lernst du aber viel. Da lernst du dich durchzusetzen, da lernst du bespuckt zu werden und da lernst du getreten zu werden und da lernst du auch ein bisschen eine Härte. Da lernst du auch, das Training ist wichtig. Deswegen bin ich der Robbie Williams von Wien.
Was mich noch mal vor interessieren würde, weil du hast vorhin erzählt, du hast schon gesagt Malerei ist so ein Thema gewesen und ein ganz wichtiges Thema für dich und du hast mir vorher einen Tour gegeben durch deine Wohnung und du hast eine Serie gemacht, wo es ums Thema Aufklärung ging. Mich hat das auch immer total interessiert, die Geschichte der Wissenschaften, auch der Naturwissenschaften, auch diese Zeit, das war auch Goethe hat da damals gelebt, als man den modernen Ansatz auch in der Naturwissenschaft gefunden hat zum Beispiel.
Goethe muss man schon in die Zeit zuordnen. Deutschland war jetzt nicht das fortschrittlichste Land.
Stimmt, aber er hat sich auch dafür interessiert.
Deutschland war das Land der Dichter und Denker, aber es war Wald. Flieg mal nach Hamburg – das ist Wald. Ich mein, Deutschland ist ein Wald, der Deutsche ist ein Waldmensch. Das meine ich jetzt aber nicht schlecht. Die Romantik, die ist eben noch nicht Aufklärung, oder schon auch mit der Aufklärung zusammenhängend, denn die Romantik musste dann, da der Gott mehr oder weniger abgeschafft wurde, von den Franzosen übrigens, musste eine Sinnlichkeit, einen neuen Sinn finden und das war eine Sinnlichkeit, eine Romantik. Das ist aber teilweise fatal gewesen. Das muss man auch sagen, denn dieser Glaube an die Liebe, dieser Glaube an die ewige holde Liebe, das ist Romantik. Das ist in der Romantik geboren. Das gab's vorher nicht. Das muss einem bewusst sein. Wir mit diesen ganzen Hollywoodfilmen und den ganzen romantischen Büchern und diesem Ganzen.
Wir sind der Zeit treu geblieben.
Das ist eine Vorstellung. Da sind wir wieder bei der Historie, die auch eine Vorstellung ist, die ist auch nicht da, und dieser Vorstellung gehen wir auf den Leim, weil wir uns das natürlich wünschen, so wie wir uns den Gott gewünscht haben, und vielleicht noch immer wünschen. Den liebe Gott natürlich, weil den bösen aus dem Alten Testament nicht, weil der haut uns den Blitz auf den Schädel. Ich mag den alten Gott lieber, aber das ist jedem freigestellt. Die Romantik hatte sich dann einen Sinnlichkeitsauftrag erteilt, das sieht man auch in der Malerei. Caspar David Friedrich und diese Weite, die der Friedrich zum Beispiel auch versucht hatte, einzufangen. Er ist ja nie rausgegangen, hat mit der Hand alles im Kabinett gemalt, deswegen ist er so gut übrigens.
Das Fatale der Romantik und auch der Rousseau, der Franzose, das Fatale der Romantik ist, dass man die Natur idealisiert hat. Seien wir doch natürlich, sei natürlich. Wenn wir natürlich sind, dann fressen wir uns auf gegenseitig, das ist die Natur. Weißt du was ich meine? Aber die Romantik hat eine Natur idealisiert, das sieht man in der Malerei, das sieht man in der Schriftstellerei, das sieht man in der Musik. Man hat aber die Schönheit der Natur entdeckt oder nicht entdeckt, weil die war immer da, aber man hat sie erkannt. Erkennen ist immer etwas Fatales, wie gesagt, denn, Erkennen heißt, fest machen, etwas fest machen, aber es gibt nichts Festes. Die Wahrheit bewegt sich die Weisheit bewegt sich und die Kunst bewegt sich. Das ist eigentlich etwas, dass sich eigentlich ein bisschen durchzieht, das lange nicht abgelegt werden konnte, bis heute nicht. Moral bewegt sich. Weißt du was ich meine? Es gibt keine Wahrheit. Du siehst Dinge völlig anders und nimmt Dinge völlig anders wahr als ich. Auch jetzt zum Beispiel. 100-prozentig. Deswegen hat jeder seinen Blickwinkel und diesen muss man lernen zu verändern. Das habe ich mir gelernt, versuche ich mir noch immer zu lernen jeden Tag. Schau dich von der Seite an oder schau dir das mal von der Seite an. Warum macht er das oder dies und warum, wer sagt, dass das jetzt schlecht ist, für wen ist es schlecht, warum ist es schlecht, wer beurteilt das. Seien das politische Haltungen, Kunstwerke oder Möbelstücke.
Ich habe von einer Anthropologin, sei es jetzt in der Natur oder in der Form von etwas Göttlichem oder so, nach sowas wie allgemeingültigen Wahrheiten suchen, weil uns das als Menschheit verbindet. Sie hat das ganz cool gesagt. Sie hat gesagt, dass wir eigentlich immer nach diesen allgemeingültigen Wahrheiten suchen aber vergessen, dass wir jedes Mal, also permanent, um das tun zu können neue Festlegungen schaffen müssen oder neue Annahmen treffen müssen. Das heißt eigentlich, wenn du zurückblickst in der Zeit, haben immer die Menschen irgendwas als allgemeingültig festgemacht aber immer anders.
Müssen wir auch, weil das bedingt die Zivilisation. Wir müssen Gesetze machen, weil das schadet der Gesellschaft. Wenn jeder Leute umbringen darf, dann gibts keine Gesellschaft mehr. Da muss man sagen, der Mord ist schlecht. Aber der Mord ist im Krieg in Ordnung, weil da hast du es für deine Gesellschaft getan. Ist jetzt der Mord prinzipiell schlecht? Ich weiß es nicht. Ich würde auch manchmal ein paar Leute gerne in die Fresse hauen, das darf ich aber nicht, weil die Gesellschaft, in der ich lebe, eine Übereinkunft getroffen hat. Da sieht man, dass man das nicht darf. Das ist auch ein Schutz des Schwachen, zum Beispiel.
Voll. Mich würde es jetzt mal interessieren, so ein bisschen methodisch oder wie du quasi ran gehst an die Sache, auch in der Umsetzung auch in der Hervorbringung, weil es entstehen auch Arbeiten. Also du denkst nicht nur über Dinge nach. Wir wissen jetzt ein bisschen so in welche Richtung, sondern du tust dann auch, du arbeitest auch mit Sachen. Ich fand das voll interessant, also hier vorne, die Arbeit auf der anderen Seite von der Wand zum Beispiel.
Diderot, Denis Diderot, das Weltei des Diderot.
Genau, wie bist du an dieses Thema der Aufklärung rangegangen und wie arbeitest du dann quasi und welche Arbeiten entstehen dann daraus?
Durch Bücher, ich lese Bücher. Ich entdeckte eigentlich einen Teil der Enzyklopädie von Diderot und d'Alembert. Mit dem hat er das herausgebracht. Es war sein Lebenswerk, um die Leute aufzuklären, ganz einfach, um ihnen Funktionsweisen der Welt, das geht von Gestein, bis zu wie funktioniert eine Mühle, wie schauen Muskeln aus. Das war seine Aufgabe, diese Entmystifizierung, die die Kirche, ich bin da jetzt sehr vorsichtig, weil ich halte die Kirche, der wird natürlich alles vorgeworfen, alles was schlimm ist, ist von der Kirche, aber das ist nicht wahr, deswegen bin ich vorsichtig, weil die ganze Bilderkunst ist eine christliche Kultur, das müssen wir uns schon mal vor Augen führen.
Auch ein Großteil der großartigsten Kompositionen wurde für, eben Bach oder was auch immer, oder auch Mozarts Oratorien, das ist im besten Fall für Gott gemacht.
Ich komm gleich wieder zurück. Aber natürlich musste man sich gegen diese Macht der Kirche stellen, und den Gott abschaffen. Das hat man ja nicht ganz geschafft, aber man hat die Institution letztendlich angreifen müssen, so wie man natürlich auch diese Monarchie angreifen musste, um die Lebenssituation zu verbessern, ganz einfach. Das hat mich schon immer interessiert, wie das vor sich ging, weil die waren wirklich unter Lebensgefahr. Die haben natürlich unter Pseudonymen Dinge gemacht. Es gibt nicht nur den Diderot, sondern auch den Voltaire oder den de La Mettrie. Von dem kommt das kleine Büchlein „L’homme machine“, also Menschmaschine. Der musste dann auch Zuflucht finden bei Friedrich dem Großen in Preußen. Der hat dann diese Leute aufgenommen, weil die wurden verfolgt in Frankreich. Friedrich der Große hat sich dann eben in seinem Sanssouci, in seinem Schloss umgeben mit kleinen, verrückten Franzosen, die ihn unterhalten haben.
Ja voll, stimmt. Es waren zum Teil die größten Diktatoren, die die kreativsten Köpfe, um sich geschart haben.
Er wird bis heute der Große genannt, weil er, glaube ich, Maria Theresia geschlagen hat, die große Kaiserin. Der Deutsche glaubt immer das römisch-deutsche Kaiserreich ist deutsch, aber das war das hier. Das sitzt hier, nämlich genau hier.
Beim König von Österreich.
Beim König von Österreich. Du verstehst mich! Früher war ich der Robbie Williams von Österreich, jetzt bin ich der König.
Na siehst du, gut das ich noch mal hergekommen bin.
Aber ein Kunstwerk entspringt nie aus einer Notwendigkeit, nie, außer es braucht die Kunst gerade. Es gibt Dinge, die braucht die Kunst. Das ist so dann, dass man es machen muss. Ich denke an einen Schritt, den die Impressionisten gegangen sind oder ich denke an einen Schritt, mit der Heraufkunft der Fotografie war es logisch, man musste die Malerei vom gegenständlichen und von dieser Komposition. Klassizismus war dann schon die Dekadenz der Malerei und völlig irrelevant in Wahrheit, also nicht der Malerei gegenüber irrelevant, sondern der Kunst gegenüber, musste man sich bewegen, musste sich die Kunst bewegen, und die hat sich dann sehr schnell bewegt, bis zu Duchamp und Malewitsch. Das heißt es gibt Notwendigkeiten. Das hat aber nichts mit dir zu tun. Das hat mit der Kunst zu tun. Wenn irgendetwas mit dir zu tun hat, dann schreib es in ein Tagebuch oder mach ein Video mit der selbst und schau es dir zwei Jahre lang an und wenn du das dann doch nicht lächerlich findest. Dann mach was damit. Aber braucht das die Kunst, braucht dein Gesülze die Kunst? Nein, meistens nicht. Nur wenn sie Kunst ist, brauchte es das und dann kann das Gesülze sogar zur Kunst gemacht werden. Selten, selten hat das funktioniert, diese Selbsthilfescheiße oder diese Selbstverwirklichung. Wenn jemand glaubt Kunst sei Selbstverwirklichung, dann soll er einen Yogakurs machen oder sowas oder einen Töpferkurs.
Das verunreinigt die Kunst und das wird dann noch gefördert. Das halte ich für falsch. Das ist nicht Aufgabe des Künstlers. Ein Künstler kämpft mit der Kunst. Er ringt mit der Kunst, er opfert alles der Kunst. Er opfert sich der Kunst. Das ist die erste Aufgabe, sich zu töten, in Wahrheit und dann dienst du der Kunst. Du isst, trinkst und ernährst du dich für die Kunst, aber nicht für dich. Das ist aber gesund. Krank wird es, wenn du dich mit dir beschäftigst. Deswegen muss man die Leute beschäftigen, weil wenn der Mensch mit sich selbst beschäftigt ist, vier Stunden, dann wird er krank. Das ist aber ein Zeichen, ein zivilisatorisches Phänomen, 100-prozentig. Weil man über sich nachzudenken beginnt, über sich in der Rolle, über sich und die Welt. Man ist dann betroffen und seine Träume kann man nicht verwirklichen. Man denkt aber nicht und dann kommt „wer ist schuld, warum ich das nicht kann“ - nur du selbst! Wir leben nicht in irgendeinem Zwangsstaat, wir haben Möglichkeiten, jeder hat die und immer, das kannst du als 50-jähriger, als 70-jähriger immer noch machen.
Die Leute flüchten aber vor ihren Träumen und das auch zurecht, weil es gibt auch Träume, die in Erfüllung gehen. Dann scheitert man oft. Das siehst du bei Popstars. Die haben einen Erfolg, dann müssen sie noch einen haben. Dann ist plötzlich dieser Traum ein Alptraum. Dann passen plötzlich die Umstände nicht und der Erfolg geht nicht mehr und stürzen dann ab, weil Erfolge auch süchtig macht, logischerweise. Dann ist der weg, und dann sagt man, der Abstieg des sowieso, des Schlagersänger oder was auch immer. Träume sind gefährlich. Man muss stark sein für seinen Traum. Das ist ein schöner Satz gewesen.
Ja, ich bin jetzt auch ganz angetan. Schenk mir noch mal Wein nach.
Ich kann auch das Licht dimmen.
Gute Idee.
Die Kunst braucht eigentlich keine Masse. Die Musik hat den Anspruch an eine Masse, natürlich zurecht, oder sich gestellt, aber die Masse ist auch begrenzt gewesen. Man hat eben der Musik Musikhäuser gebaut, nicht nur Opernhäuser sondern auch den Musikverein und so. Ein Fußballstadion ist für eine Masse gebaut und man sieht schon auch, was dann diese Fußballstadien füllt, wenn einer auf Konzerttournee geht. Das ist ja nicht Kunst, das ist im besten Fall Kultur.
Kunst wird, wenn sie der Masse gefällig wird oder wenn die Masse diese Kunst verstanden hat, dann wird sie zur Kultur. Und das ist nichts Schlechtes. Die größten Genies haben das geschafft, Kultur zu sein. Mozart könnte man fast schon als Kulturgut bezeichnen werden, wird schon auch als Kulturgut verkauft, weil wir sind ein Musikland, weil irgendwann der Mozart hier mal komponiert hat, sonst hat ja niemand danach komponiert. Natürlich ein paar Zwöflton Musiker, aber das war eben Kunst. Natürlich hatte Mozart den höchsten Kunst-Anspruch, wollte aber schon die Maße unterhalten. Er hat dann die Zauberflöte, mit dem Schikaneder, eher fürs Volk aufgeführt. So hört es sich auch an, sage ich jetzt mal sehr kritisch, aber es gibt auch Kunststücke. Man merkt sehr schnell, wenn sich ein Könner herablässt und nicht mehr der Kunst dient. Das ist fatal, das ist Verrat eigentlich.
Aber jetzt gibt es Künstler, die haben und brauchen dieses Anliegen der Bewunderung in einem größeren Maß, auch Maler natürlich, auch bildende Künstler, die genießen das dann, die gebärden sich dann wie Rockstars oder wie auch immer. Die haben dann dort Ausstellungen und dort, aber dann wird durch diese Präsenz, die sich dann international entwickelt, wird dann die Kunst flach, weil sie vervielfältigt wird. Man sieht diesen Kampf nicht mehr, der stattfindet in einem Kunstwerk, das Ringen in einem Kunstwerk. Es wird dann zu einer, früher hat man Handschrift gesagt und ich sage: es wird zu einer Masche, zu einer Erfolgsmasche und das wirds dann sehr schnell und dann kann man den Künstler auch festmachen, an dieser Masche. Damit muss er dann leben können. Es gibt so Maler, die haben irgendwas gefunden und die malen dasselbe Bild in Grün, Blau oder mit anderen Figuren oder was auch immer, auch Abstrakte natürlich logischerweise. Die haben es eigentlich noch leichter, wenn sie irgendwas gefunden haben, da merkt man schon, dass in der ersten Sachen eine Spannung drin ist, eine Spannung, die die Kunst zur Kunst macht, aber in den andern 150 Bilder oder was immer, nicht. Das merkt man, das merkt man vor allem heute, wenn Künstler zu Weltstars aufsteigen, wie flach ihre Sache dann wird. Sie verraten eigentlich ihre eigene Sache.
Ich habe heute die „Kunst, was soll das eigentlich?!“-Kategorie eingeführt. Mir ist nämlich aufgefallen beim Recherchieren im Internet, dass viele Sucheingaben in Suchmaschinen ganz grundsätzliche Fragen zum Thema Kunst betreffen. Ich habe mir gedacht, wenn man sich schon mal zusammensetzt und über Kunst redet, kann ich ja mal anfangen zu sammeln. Also, wann fängst du an von Kunst zu sprechen?
Du hast gerade auch einen gesellschaftlichen Aspekt angesprochen, einen sozialen auch. Also, wenn es eine politische Komponente gibt, dann ist es für mich auf keinen Fall die Darstellung irgendwelcher politischer Themen oder die Referenz zu politischen Themen. Die politische Dimension der Künstlerin / des Künstlers ist der Umgang und die Behauptung in dieser Gesellschaft. Letzten Endes auch, dass du wirtschaftlich über die Runden kommst. Dass du in dieser Gesellschaft als Kunstproduzentin, als Kunstproduzent eine Überlebenschance hast. Ich glaube, dass das dazu gehört.
Was machst du denn, wenn du jetzt arbeitest? Gab es so Punkte, wo du frustriert warst? Wie bist du dann damit umgegangen?
Ich bin immer frustriert. Ich bin in der Arbeit frustriert. Nein, eigentlich bin ich in der Arbeit nie frustriert, frustriert ist nämlich falsch. Ich ringe, aber ich habe gelernt. So manche Zyklen, ich bin nämlich ein Zylklenmaler oder Zeichner oder auch, Schreiber, ich mache auch Performance und so weiter, aber das teilt sich in Zyklen ein. Irgendwann habe ich das Gefühl dieser Zyklus oder diese Form, ich verändere auch meine Herangehensweise dem Zyklus entsprechend, das heißt, irgendwann mal noch 250 Zeichnungen, Bleistiftzeichnungen, habe ich mir gedacht, jetzt wird mir auch fad, weil es wird ein System. Die Leute haben es geliebt und sie lieben es eigentlich heute noch, aber ich mache es eigentlich nicht mehr, nur mehr für sich sehr viel Geld setzte ich mich schon hin. Das sage ich ganz ehrlich, weil wenn ich eine neue Lampe brauch,…Nein, nach 250 Zeichen, das hat auch entwickelt und ich dokumentier das immer mit Büchern und Katalogen und da sieht man, dass sich das entwickelt hat und dann gibt's das Bild und das Bild ist dann, da hast du plötzlich Kunst gemacht. Das vorher war vielleicht Vor-Kunst und dann hast du die Kunst kurz erfasst. Ich stelle mir das immer so vor wie so ein Licht, das herum fliegt und dem jagen wir alle nach, das ist unsere Aufgabe und manchmal fast du sie und dann bist du natürlich der glücklichste Mensch der Welt und du bist durchzogen mit einem Glückszustand erquickender Fröhlichkeit und einer Lebenslust, weil du weißt jetzt hast du etwas gefunden oder dir erarbeitet das andere, was alle anderen auch suchen und das war vielleicht noch nicht da und ich habe hier etwas gemacht, was mir auch entspricht, was auch technisch meinen Möglichkeit entspricht, etwas Einfaches, gute Kunst ist dann immer auf den Punkt, Mondrian oder so. Aber bis er dorthin kommt, muss er durch die Hölle. Ich auch auf eine Art und Weise, weil man will ja dort hin und man opfert wirklich alles, auch das Privatleben leidet immer permanent bei mir, weil ich einen Dienst an der Kunst Seitenleiste wie ein Pfarrer der einen Gottesdienst, oder dem Gott dient und dann auch den Gottesdienst zelebriert. Das tue ich auch, das ist der TOMAK dann, der steht auf der Kanzel und steht vor seiner Kreuzigung und unterhält die Leute mit irgendwelchen schönen Sätzen, was wir gerade machen. Aber dann komme ich dorthin und dann hast du das geschafft und dann arbeitest du da weiter. Du erkennst das System dahinter, das ist schon gefährlich, wenn du das System dahinter erkennst. Es gibt so einen guten Satz: warum heißt Dichtung Dichtung? Weil sie dicht ist, weil du nicht reinschauen kannst. Wenn du etwas durchschaust, dann ist es nicht mehr dicht und wenn du es durchschaut hast, dann ist es langweilig.
Was passiert dann? Was tust du dann in dem Moment? Was passiert dann, wenn du das Gefühl hast - ok jetzt zeigt sich da sowas wie eine Form, wie löst du das wieder auf?
Die versucht man dann irgendwie zu zerlösen und zu zersetzen. Das habe ich tatsächlich getan nach meiner Albertina Ausstellungen, da hab ich 44 Zeichnungen ausgestellt. Dann habe ich mir gedacht, ich wollt auch nicht mehr, ich war durch damit. Dieses System gab so viel her und gibt noch immer so viel her, dass du Sprache einweben kannst oder ich kann eben durch mein Talent, kann ich jegliches Bild oder jegliche Wahrnehmung da hinein weben.
Was hast du in der Albertina her gezeigt?
In der Albertina habe ich meine fiktive Autobiographie „Ecce macchina“ gezeigt auf 44 Blättern. Das ist genau: was ist ein TOMAK?, Dort stirbt er im Zyklus Neun und im Zyklus Zehn steht er wieder auf. Es ist natürlich ein riesen Theater mit diesem TOMAK. Das gibt der TOMAK her, das habe ich mir auch so gebaut, das ist er auch, das ist auch das System, das gehört dazu. Der TOMAK kann Dinge machen, die ein anderer nicht machen kann, weil der ist irgendwie ein Freigeist. Er kann da produzieren, er kann das und das und das machen und das völlig verantwortungslos. Das ist schon ein guter Move gewesen von mir. Am Anfang haben sie mich belächelt, aber jetzt greift das immer mehr. Ich habe museale Anerkennung, höchste Sammler Anerkennung bis nach Deutschland und so weiter. Das heißt das gereift. Die Leute verstehen es irgendwie, sie haben es von Anfang an schon verstanden, weil sie sagen: der setzt etwas vor die Bilder, nämlich einen Namen und was nimmt er uns weg? Er nimmt uns eine Geschichte weg, die wir vielleicht selber hineininterpretieren müssen - wo kommt der her? Wer ist der? Wie ist der so? Das kommt auch oft. Was glaubst du was der so macht. Es wurde schon alles über mich erzählt, die böstesten Ding.
Was so zum Beispiel? Das interessiert mich natürlich
Die Leute reden sowieso immer deppert über jeden, im Hintergrund meistens. Außer ein paar Leute, die Anstand haben und die sagen, ich rede nicht schlecht über Menschen. Das könnte man sich angewöhnen. Man glaubte schon man redet schlecht über Menschen, wenn man ein künstlerisches Urteil fällt. Das ist aber nicht schlecht reden über einen Menschen, sondern das ist über Kunst. Es ist eine Kritik. Kritik kann gut und schlecht sein, über die Kunst, die jemand macht. Da habe ich aber natürlich die Eier dazu, das den Leuten ins Gesicht zu sagen, weil hintenrum deppert reden, das hat keinen Sinn, da machst du nur böses Blut. Ich habe ein paar Freunde, die halten das aus und ich halte das auch aus und andere halten das nicht aus, aber dann muss man sich nicht ausstellen, weil das Wort sagt schon ich stelle aus. Kunst hat nur dann Sinn, wenn sie kritisiert wird. Kritisiert heißt besprochen wird, diskutiert wird.
Das ist der Sinn der Kunst. Eine Kunst, die nicht diskutiert, tut nichts. Aber Kunst sollte etwas tun und sie soll uns nicht nur erfreuen oder auch ekeln oder auf etwas Aufmerksam machen, das ist wieder der Inhalt, sondern es muss über die Kunst als Kunst auch gesprochen werden. Da ist der Österreicher sehr schwach, das ist eine ganz andere Kultur in Deutschland, da beneide ich Deutschland. Hier wird hinterrücks, denn hier ist niemand Kunstkritiker oder Kunstexperte, es gibt ein paar aber es gibt auch fast keine Intellektuellen hier. Wer soll hier Kunst kritisieren können? Wer soll hier Malerei kritisieren können? Wer? Niemand hat die Bildung, ganz einfach. Ich schon natürlich. Ich bin auch der Robbie Williams der Malerei. Ich war mal der Harry Potter des Zeichnens, jetzt bin ich der Robbie Williams der Malerei. Ich wäre lieber der Michael Jackson der Malerei.
Ich konnte es auch nicht ändern, es kam mir einfach spontan.
Der Robbie Williams ist schon eine coole Socke. Ich mag ihn eigentlich schon, er singt gut. Und er hat einen wirklich guten Schmäh und er ist meiner Meinung nach sexy, für Damen glaube ich, auf jeden Fall und relaxter Typen eigentlich. Das ist doch okay. Und wenn zu mir einer sagt der Robbie Williams von Wien, dann ist das keine schlechte Nachrede. Wenn du sagst, das ist der Harald Juhnke von Wien.
Das ist auch so eine Sache, die ich mir aufgeschrieben habe. Mit welchen Teams arbeitest du zusammen? Weil ich finde das voll wichtig eigentlich.
Teams sieht absolut wichtig. Ich habe immer das Talent Teams zu haben. Deswegen gibt's die Bücher, deswegen gibt's auch so einen Output auch und das ist alles immer dokumentiert, Fotografen immer dabei. Du brauchst Teams, wenn du das alles selber machst dann bringt dich das um. Ich führe mein Leben bewusst, das kostet ein bisschen Geld, das muss man irgendwie einspielen. Aber ich möchte diese täglichen Alltäglichkeiten nicht haben, das heißt ich gehe auf keine Bank, ich gehe auf keine Post, ich gehe auf das und das und das nicht.
Echt? Das habe ich ja noch nie gehört.
Ich bin ein richtiges dekadentes Arschloch. Wenn ich ins Kino gehe, kaufe ich mir vier Sitze, damit kein Arschloch neben mir sitzt. In der Oper sitze ich auch in der Loge alleine.
Wann hat denn deine Kunst Geld eingespielt? Mit 13 schon?
Ich habe immer irgendwas verkauft oder auch getauscht oder was auch immer. Ich habe nie müssen irgendeine andere Arbeit machen, obwohl ich nie Geld von zu Hause bekommen habe, nie, auch als Student nicht. Das heißt ich musste ganz einfach irgendwie und meine Kunst ist bei Gott nicht sehr gefällig, das sieht man ja, ich musste früh lernen und ich wollte früh lernen, mich zu positionieren, mich ins Spiel zu bringen, mich eben auszustellen, das heißt mich in Galerien zu bringen, in Museen ich habe während meines Studiums schon in Museen ausgestellt. Ich musste Kontakte pflegen aber bei Gott muss ich nicht Antragsformulare für eine Förderung, stellen. Das ist das fatale Fehler des Staates, meiner Meinung nach, das er den Leuten dieses Müssen. Ich habe vorher gesagt, heute muss ich nichts, aber musste natürlich auch heute Dinge, aber ich muss nur die Dinge, die das Wort müssen nach meiner Vorstellung verdienen. Das heißt ich muss mich schon um meine Kinder, meine Kunst sind meine Kinder, kümmern, dass sie in das richtige Haus kommen, die richtige Sammlung kommen. Das muss ich. Und ich muss mich natürlich mit Kunst beschäftigen, ich muss und möchte, da ist ein Wille da, nicht weil ich die Miete zahlen muss, weil wenn ich es nicht zahlen kann, es gab Zyklen, die sind 10 Jahre lang gestanden, weil sie keiner verstanden hat und dann zehn Jahre nachdem sie entstanden waren, hat sie die Kunsthalle Wien ausgestellt. Das heißt, es braucht auch, wenn du zu weit bist und die richtigen Leute es nicht sehen oder missverstehen, dann können deine Kinder nicht in die Welt. Aber dann ist ein fataler Fehler sie zu verheizen, das darf man nicht machen. Aber das muss man sich leisten können. Ganz ehrlich, ich ich habe gehungert und was weis ich alles was, aber für die Kunst. Aber ich wäre nie auf die Idee gekommen irgendeinen Job zu machen, sondern ich bin rausgegangen und hab mich irgendwohin hingesetzt mit fünf Euro und bin mit 15 € heimkommen und habe mich aber wieder positioniert. Das meine ich, man dient der Kunst. Und du hast gar nicht das Gefühl, dass es dir schlecht geht.
Du weißt, okay ich kann mir nur zwei Bier leisten am Abend und ich muss jetzt zwei Wochen Spaghetti fressen, weil ich die Miete bezahlt habe und ich habe kein Geld. Wie komme ich an Geld? Du kannst Verbrecher werden, das lege mir wesentlich näher als arbeiten. Ich verstehe auch nicht, wenn erfolglose Künstler immer sagen: ich arbeite heute im Atelier. Also wenn Kunst Arbeit ist, das ist auch aus diesem funktionieren, aus dieser, der Mensch muss funktionieren und dann ist Kunst Arbeit. Kunsthandwerk ist natürlich etwas, was man lernen kann, ein Handwerk, aber ich halte es für fatal. Ich höre, erfolgreiche Menschen haben nicht das Gefühl, dass sie arbeiten gehen, sei es ein Tischler oder ein Wirt oder ein Koch oder ein Konstrukteur. Ich glaube, dass dieses Tun sie erfüllt und das Schöne ist, wenn das was dich erfüllt deine Miete zahlt und dein Essen zahlt oder deine Familie ernährt. Dann ist das eigentlich ein Erfolg. Das ist der einzige Erfolg monetär gedacht, den man als Erfolg überhaupt werten kann. Wenn du das machst und du kannst davon leben, ist das gut. Wenn du das Gefühl hast, dass es Arbeit ist, das ist für mich immer so eine Art Reizwort gewesen., weil eins habe ich immer gewusst: arbeiten gehe ich nicht!
Ich muss jetzt noch mal was fragen, von dem Rundgang. Ich hatte das Gefühl als wär ich konfrontiert mit sowas wie, ich weiß nicht genau, ob man das Fakten nennen kann, aber Sachen, die du aus Büchern, historischen Büchern genommen hast. Geschichte interessiert dich auch. Das sind Dinge, die wir früher schamlos irgendwo rein geschrieben haben. Das müssen jetzt gar nicht die Bilder sein, die hier stehen, auch irgendwelche anderen, also irgendwelche Fragmente aus Büchern und die wir jetzt vielleicht ganz anders einordnen würden. Das fand ich total interessant, sowas wie Kategorien, die wir mal gebildet haben oder Systeme, die wir uns mal geschaffen haben oder sowas. Ist das sowas womit du arbeitest?
Genau so ist es. Das heißt, es ist ein Prüfen und ein Umwerten, denn dieses Wissen, das haben wir schon besprochen, an das man geglaubt hat, plötzlich kam die Erkenntnis aus der Wissenschaft, aus der Mathematik, aus der Physik und die stimmten plötzlich wieder nicht. Das ist unglaublich. Das will ich aufzeigen, dass der Mensch sich bewegt, in seiner Wahrnehmung, dass dieser Glaube, die Erde dreht sich um die Sonne, vielleicht wieder falsch ist.
Es scheint uns irgendwie so wahr und objektiv.
Die Kunst kann das. Diese Wahrheiten, die uns auch erdrücken, teilweise, diese Wahrheiten. Für mich dreht sich die Sonne um die Erde, weil ich sehe das im Schloss, wo wir hier sitzen, wenn die Sonne hinten aufgeht, im Schlafzimmer und dann da drüben untergeht. Es heißt auch auf- und untergeht, die geht auf, dann hat unsere sinnliche Wahrnehmung gesehen, dass die Sonne da drüben aufgeht und hinten untergeht. Das wir uns drehen, merke ich nicht, außer wenn der Wind geht vielleicht, sonst merke ich nicht, dass wir uns drehen. Ich glaube, dass die Menschen durch dieses klein machen, die Wissenschaft hat uns klein gemacht, weil sie uns analysiert hat, bis in die kleinste Zelle.
Sie schafft auch Systeme.
Sie schafft auch Glaubenssysteme, Schemata und Statistiken. Statistiken sind das blödeste überhaupt, aber der Mensch glaubt daran. Weil wenn 100 Leute so sind, dann ist das so, weil wenn von 100 Leute 70 so sind, eine Krankheit haben oder so, dann ist das so. Jetzt sind unter diesen 70 Leuten keine Raucher, dann schließt der Mensch daraus etwas. Das sieht man jetzt bei Social-Media: „Rauchen schützt gegen Corona“. Der Mensch schließt aus der Statistik. Mit Statistik kannst du alles beweisen. Aber jetzt liest du das und es sickert in unser Hirn, obwohl es eine Unwahrheit ist. Genauso, glaube ich, hat der Mensch sich durch dieses große Weltall, durch diesen kleinen Stein, der wie ein kleiner pilzbefallener Stein durchs Weltall torkelt, sehr klein gemacht. Dann hat man den lieben Gott noch abgeschafft, das heißt der Glaube an etwas Großes. Dieser Gott kommt aus uns, das ist die Vorstellung,
eben die Vorstellungskraft, es heißt nicht umsonst Kraft. Wenn man das den Menschen nimmt, dann passiert etwas Schreckliches, eine absolute Leere und wenn diese Leere da ist, dann frag ich mich, wenn man diese Leere empfindet, warum gehe ich dann acht Stunden am Tag arbeiten für jemand anderen. Für wen? Für mich? Wer sagt das? Wir kommen auf die Welt und müssen schon bezahlen. Müssen für alles bezahlen, müssen fürs Wohnen bezahlen, für alles müssen wir bezahlen. Für alles müssen wir bezahlen. Wofür machen wir das? Der Affe würde das nicht machen. Warum machen wir das? Der Affen, wenn du dem sagst, du musst dich an die Kasse setzen für acht Stunden, der sagt: Ich hau dir einen in die Fresse und fresse deinen Schädel, das sagt der Affe. Ich möchte immer mehr Affe sein als Menschlein.
Das Einzige wäre nur noch die Zukunft. Wo geht es hin? Gibt's noch irgendwelche unbearbeiteten Themen, irgendwelche Baustellen? Ein bisschen hast du jetzt schon von einer der nächsten Ausstellung geredet.
Ich bin immer ein Jahr vorher fertig mit Dingen, um sie dann auch noch einmal zu überprüfen. Natürlich geht's wohin, ich habe auch Vorstellungen, was mir Spaß machen würde. Ich glaube, dass ich mich vielleicht Standort technisch vielleicht verändern möchte. Ich weiß aber nicht wohin, weil es meiner Arbeit guttun würde, aber hier möchte ich vielleicht schon behalten, weil das ein Zentrum ist und auch gut ist, weil es einfach eine gute Stimmung hat hier. Ich würde vielleicht gerne malerischer wieder werden, sehr malerisch, sehr lässig und locker. Das schwebt mir ein wenig vor. Ob das hier in Wien ist, ich habe auch ein Atelier auf der Äußeren Mariahilferstraße, das vielleicht nicht mehr so adäquate ist, weil das zu urban ist. Vielleicht werde ich jetzt, im Alter, als Pensionist, als lässiger Landschaftsmaler meine Zeit verbringen. Das stelle ich mir ganz schön vor, weil ich bin einfach durch die Kunstgeschichte durchgegangen, durch die Wissenschaft durchgegangen, durch die Philosophie durchgegangen, und möchte die Verarbeitung dieses Wissens, das ich in die Kunst eingebracht, eingetragen habe und meine Umwertungen da angewandt habe, möglicherweise als vollendet betrachten und wieder als freier Freigeist möglicherweise wieder sehr malerisch herum patzten, locker lässig völlig ohne Gehalt einen Baum schlecht malen oder so. Das man sich ein wenig ausruht, auf dem Ganzen, was man vollbracht hat und in dieser Ruhe und dieser Müßiggängerei dann, glaube ich, wahrscheinlich die besten Bilder macht, weil es nur mehr um die Bilder geht und nur mehr um die Sinnlichkeit der Malerei. Das ist die eigentliche Aufgabe der Malerei, auch die eigentliche Aufgabe der Musik. Die sollte uns nichts mitteilen, die soll einfach nur Musik sein und die Malerei soll einfach nur Malerei sein.
TOMAK, ich glaube, das ist der beste Schlusssatz.
Bester Schlusssatz aller Zeiten.
Ich habe die besonders für meinen Artistic Research wichtigen Passagen des Gesprächs als Text zum Nachlesen aufbereitet.
Gespräch zwischen Tomak und Nina Gospodin: "Passagen aus dem Dialog mit Tomak",
Nina Gospodin (Hrsg.), aufgenommen am 20.06.2020, publiziert am 01.05.2022 auf www.podcast.ninagospodin.com
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